Claymore – Die fesselnde Geschichte der Schwertkriegerin Clare

Claymore – Die fesselnde Geschichte der Schwertkriegerin Clare

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Bereit für Fantasy

Ich lege meine Tasche auf den Boden und setze mich daneben. Ich atme tief durch, schließe für einen Moment die Augen. Es ist mal wieder spät geworden. Was für ein Tag – es gibt neue Aufträge durch das Unternehmen. Dazu kommen eigene Initiativen. Viele Herausforderungen stehen an. Habe ich mir vielleicht zu viel aufgehalst? Ich fühle mich erschöpft, bräuchte eigentlich Ruhe. Doch meine Gedanken sind fokussiert und meine Neugier ist groß. Wie ergeht es Clare? Zuletzt steckte sie in der Klemme. Ich möchte wissen, wie es bei ihr weiter geht und bemerke, wie ich mir geradezu wünsche, dass sie am Ende sicher aus der ihrer gefährlichen Situation kommen und überleben wird. Das ist doch eigentlich verrückt – Clare ist die Hauptfigur in einem Manga.

Vor wenigen Tagen bin ich durch Zufall im Internet auf „Claymore – Schwert der Rache“ gestoßen, eine gruselige und zugleich fesselnde Fantasy-Geschichte, die mich seitdem in Atem hält. Clare ist die Hauptfigur darin. Eigentlich existiert sie ja nicht. Und dennoch berührt und inspiriert sie mich. Clare ist entschlossen und stark, sie ist widerspenstig, aber auch zerbrechlich. Sie vollzieht Aufträge für eine geheimnisvolle Organisation. Sie handelt dabei sehr mutig und wird dabei zunehmend eigenwillig. Sie spürt, wie in ihr das Monster erwacht, aber auch eine bedingungslose Liebe zu ihren Freunden. Schließlich folgt sie ihrem Herzen, was ihren Auftraggebern ein Dorn im Auge ist.

Meine Sympathien sind mit ihr! Kann ich tatsächlich eine emotionale Bindung zu einer Fantasy-Figur knüpfen? Eine liebe japanische Freundin sagte mir einmal: „Geschichten sind immer lehrreich, ganz gleich ob als Roman oder Manga. Du kannst damit Erfahrungen machen – einige Erfahrungen, die Du niemals selbst machen würdest oder machen möchtest.“ Ich denke, mit Phantasie ist fast alles möglich. Ich kann die physikalischen Grenzen überwinden. Alles spielt sich im Geist und im Herzen ab.

Schnell habe ich mich in bequeme Kleidung gehüllt und entzünde eine Kerze. Ihr Licht schafft die passende Stimmung. Ich setze mich vor den Bildschirm – Claymore Episode 1. Ich bin bereit. Wenn ihr nicht allzu schreckhaft und neugierig seid, dann folgt mir!

Claymore Episode 1

Die Einwohner des Dorfes am Rande eines ausgedehnten Gebirgszugs sind entsetzt. Schon wieder ist ein Mensch übel zugerichtet und dann umgebracht worden. Für die Bürger besteht kein Zweifel: ein Yoma hat sich in ihre Stadt eingeschlichen und sucht sich seine Opfer. Wie sollen sich die Bürger wehren? Yoma sind grauenhafte übermächtige Wesen – Monster mit Reißzähnen und Krallen, die Menschen fressen und die Gestalt ihrer Opfer annehmen können. Eine aufgebrachte Menschenmenge steht vor dem Bürgermeister und fordert ihn auf zu handeln. „Beruhigt Euch“, weist der Bürgermeister die Leute an. „Ich habe heute früh eine Antwort erhalten. Sie sind bereit, jemanden zu uns zu senden.“ „Wer kommt?“, fagt ein grossgewachsener Mann mit dunklem Oberlippenbart. „Ein Claymore!“ Stille im Raum. „Ein Claymore – soll das ein Witz sein? Wir brauchen diese Bastarde nicht!“, ruft jemand es aus der Menge. „Ich kann nicht länger untätig sein. Das ganze Dorf könnte ausgelöscht werden“, rechtfertigt sich der Bürgermeister. „Aber sie sind doch auch Yoma!“, meint ein junger Mann verängstigt. „Ich weiss, doch sie sind die einzigen, die einen Yoma in menschlicher Gestalt aufspüren können. Sie sind unsere einzige Hoffnung.“

Der Claymore kommt.
Der Claymore kommt.

Die ganze Dorfgemeinschaft ist versammelt und starrt auf den Gebirgszug, hinter dem gerade die Sonne untergeht. Da ist jemand am Horizont. Eine einzelne Person nähert sich langsam aber zielstrebig dem Dorfeingang. Es ist der Claymore – ein Krieger ist von eleganter, fast zierlicher Gestalt. Er trägt eine silbrige Rüstung mit einem hüftlangen Umhang. Auf dem Rücken ein übergrosses Schwert. „Hey, das ist ein Frau!“, sagt der kleine Raki überrascht. „Hast Du das etwa nicht gewusst? Nur Frauen können ein Claymore sein.“, meint der Mann neben ihm belehrend. „Schau, ihre Augen sind silbrig!“ Raki ist fasziniert. „Ja, darum heissen sie ja auch silberäugige Hexen“, meint der Besserwisser abfällig. „Wenn sie einen Yoma sehen, wechselt ihre Augenfarbe zu gold.“

Der Claymore schreitet durch die Menschenmenge, die eine schmale Gasse bildet. Augen stieren auf die Frau, die mit starrer Mine auf das Haus des Bürgermeisters zugeht. „Ich verstehe nicht, wieso sie ausgerechnet so jemanden senden mussten,“ flüstert ein Mann zu seinem Nachbarn. Der erwidert, „Man braucht ein Monster, um ein Monster zu töten.“ Der Claymore stoppt und sendet einen drohenden Blick auf die beiden, die erschrocken zusammenzucken. „Du hältst besser Deinen Mund, sonst bringt sie uns noch beide um.“ Der Claymore richtet seinen Blick wieder nach vorn und geht weiter.

In Zentrum des Dorfes empfängt der Bürgermeister den Claymore in seinem Haus. Er hebt einen schweren kopfgrossen Sack auf den Tisch. „Hier ist das Geld für Ihre Dienste. Bitte sehen Sie nach“, spricht er mit zittriger Stimme. „Nein! Sobald der Job ausgeführt ist, wird ein Representant vorbeikommen und das Geld abholen. Ich kann die Bezahlung nicht selbst annehmen. Das bedeutet, wenn ich versagen sollte, sind Sie nicht verpflichtet, jegliches Geld zu bezahlen“, sagt der Claymore mit klarer entschlossener Stimme. Ihr scharfer silbriger Blick trifft auf die Augen des Bürgermeisters. Dem Mann rinnen Schweissperlen über sein Gesicht. Doch er reisst sich zusammen: „Gut. Denken Sie, dass Sie den Yoma heute oder morgen aufspüren können?“ „Das hängt davon ab, wie gut der Yoma sein Yoki verbergen kann“, erklärt sie. Der Bürgermeister versteht: wenn der Yoma seine böse Aura, sein Yoki, tarnen kann, wird es schwierig, ihn aufzudecken. Als der Claymore den Raum verlässt, sackt der Bürgermeister in sich zusammen. „Das war meine erste Begegnung mit einem Claymore. Ich hatte sie mir menschlicher vorgestellt. Aber sie wirkte wie – wie ein Monster!“

Raki folgt dem Claymore neugierig.

Die Menschen ziehen sich ängstlich in ihre Häuser zurück, als der Claymore das Dorf durchquert. Von ihnen ist keine Unterstützung zu erwarten. Nur Raki ist neugierig. Er läuft ihr hinterher. Als er ihr zu nahe kommt, holt sie mit dem Schwert zum Schlag aus. Die Klinge stoppt nur wenige Zentimeter vor seinem Gesicht. Er ist entsetzt. „Was habe ich getan? Ich bin nur hinter Dir hergelaufen“, sagt Raki vorwurfsvoll. Sie dreht sich wortlos um und geht weiter. „Warte mal einen Moment“, setzt er fort, „Du bist ein Claymore, richtig?“ „Nein“, entgegnet sie kurz. „Wie?“ „Claymore ist ein Name, den Ihr uns gegeben habt. Unsere Organisation hat keinen Namen.“ „Das habe ich nicht gewusst. Ich bin aber überrascht. Ich meine, Du siehst nicht anders aus, als ein normales Mädchen. Ich hatte gedacht, dass Du irgendwie furchteinflößender aussehen würdest.“ Sie stoppt und sieht ihm in seine Augen: „Du bist sehr sonderbar. Hast Du keine Angst vor mir Junge?“ Raki: „Warum sollte ich. Du bist nicht anders als wir.“ Sie hält inne. Ihr Gesichtsausdruck ist starr. Sie geht weiter. „Hey warte, auf mich!“ Raki rennt hinterher. Schließlich erreichen sie die Dorfgrenze.

Sie rammt ihr Schwert in den Boden und setzt sich daneben.

Sie rammt ihr Schwert in den Boden und setzt sich daneben. Sie atmet tief durch und schließt für einen Moment die Augen. Ihr Gesicht ist entspannt, hat feine Züge. Die hellblonden Haare reichen bis zu den Wangen. Raki kommt dazu: „Was machst Du?“ „Schlafen. Ich bin 70 Stunden ununterbrochen gegangen.“ Raki setzt sich neben sie. „Warum hast Du ein Interesse an mir?“ Nun ist sie neugierig. „Weil Du ein Claymore bist“, sagt Raki. „Das ist nur ein Name, den Ihr uns gegeben habt.“ „Ach ja, richtig. Tut mir Leid. Jedenfalls, wirst Du den Yoma für uns töten, richtig?“ Raki schaut sie erwartungsvoll an. Sie schweigt, hat die Augen geschlossen. Raki blickt zu Boden und setzt fort: „Meine Eltern waren die ersten die von dem Yoma umgebracht wurden.“ Trauer liegt in seiner Stimme. „Als ich aufwachte, waren nur mein großer Bruder Saki und ich noch am Leben. Ich war da, aber ich konnte nichts tun, um sie zu schützen. Doch darum bist Du hier – den Tod meiner Eltern an meiner Stelle zu rächen.“ Sie sieht ihn in seine Augen. „Damit wir uns verstehen. Ich bin hier, weil ich einen Auftrag zugeteilt bekommen habe, und nur darum.“ Raki wird leise: „Ich weiß das, Du bist hier, um eine Aufgabe zu erledigen.“ Die Glocke schlägt. Raki schreckt auf, fasst sich an den Kopf, „Oh, das Abendessen. Das habe ich ganz vergessen. Ich sollte es fertig machen. Wir leben nun bei meinem Onkel. Und ich versuche auszuhelfen, wo ich kann. Du wärst erstaunt, aber ich bin ganz gut im Kochen. Ich könnte Dir etwas zu essen machen. Bis später!“ Damit wollte er loslaufen, doch er hält einen Moment inne. „Wie ist Dein Name?“, fragt er sie. „Es gibt keinen Grund, ihn Dir zu nennen. Es ist ein Name, der bald vergessen sein wird.“

Raki hastet zum Haus seines Onkels. Es ist schon dunkel geworden. Als Raki die Tür aufreißt, empfängt ihn das Grauen. Sein Onkel liegt blutüberströmt am Boden. Raki taumelt im Schock zurück. Von hinten tönt eine tiefe vertraute Stimme, „Bist Du es Raki?“ „Unser Onkel ist tot!“, schreit Raki und blickt in die finstere Ecke aus der die Stimme kommt. Die Gestalt mit der vertrauten Stimme ändert ihre Form und wächst zu einem Monstrum. Gelbe Augen starren aus der Dunkelheit auf Raki. „Saki, oh nein!“ Eine Fratze mit scharfen Zähne lacht. „Du hast es nie bemerkt. Ich habe Deines Bruders Gehirn und Körper übernommen. Ich habe seine Sprachmuster kopiert. Nun wirst Du zu meinem letzten Mal.“ Die Kreatur bäumt sich auf – es ist der Yoma! Raki schreit und rennt todesmutig auf die Kreatur zu. Ein aussichtsloser Kampf. Der Yoma schlägt ihn mit Leichtigkeit in eine Ecke des Raumes, wo Raki bewusstlos liegen bleibt. Der Yoma nähert sich gefährlich.

Sie kämpft unglaublich mit dem Schwert.

Mit Getöse bricht die Decke auf. Von oben stürzt der Claymore mit seinem Schwert herunter direkt auf das Ungetüm. Es schreit auf, violettes Blut spritzt durch den Raum – sein rechter Arm wurde durch das Schwert abgetrennt. Sie richtet sich auf. Ihre Augen glühen gelb. „Ich konnte Deinen Yoma-Geruch an dem Jungen riechen. Er führte mich zu Deinem Tod.“ Indem sie dies sagt, kommt Raki zu sich. „Du Miststück!“, schreit das Monster. Ihr Schwert zischt durch den Raum – der zweite Arm des Monsters fällt. Es kreischt und winselt um Gnade. Sie stößt das Schwert entschlossen auf den Boden – es klirrt. Für einen Moment verformen sich die Muskeln der Claymore. Ihre Zähne werden spitz. Dann schlägt sie zu. Der Spuk ist vorbei. Sie lässt ihr Schwert im Schulterhalter verschwinden und schaut sich nach Raki um. Er sitzt zusammengekauert mit weit aufgerissenen Augen in der Ecke – schockiert und verängstigt. Sie geht.

„Die silberäugige Hexe hat schon nach wenigen Stunden ihre Aufgabe erledigt und ist gegangen. Nun wir haben ein neues Problem“, sagte der Bürgermeister. Raki erinnert sich an seine Worte. „Tut uns Leid, Raki, nimm es nicht persönlich. Aber Du kannst nicht hier bleiben.“ Mit diesen Worten schmissen sie ihn am Dorfrand den Hang hinab. Sie glaubten, dass er durch den Yoma infiziert wurde. Er ist nun ausgestoßen, es gibt keinen Weg zurück. Wie in Trance folgt Raki den Spuren des Claymore. Sie führen ins Ödland. Ein Strom zieht auf und wirbelt ihm unaufhörlich Sand ins Gesicht. Rakis Kondition lässt nach, nicht jedoch der schneidende Wind. Der Sand zerkratzt die Haut in seinem Gesicht, seine Lippen sind trocken. Jeder Schritt wird zur Qual. Raki glaubt, in der Ferne die Umrisse des Claymore zu sehen – aber vielleicht ist es nur eine Täuschung. Eine Schwäche überkommt ihn, er fällt und verliert die Besinnung.

„Was? Wo bin ich?“ Raki ist aufgewacht. Er liegt auf einem Bett in einem gepflegten kleinen Zimmer mit holzvertäfelten Wänden. Ein Mann tritt ein. Er trägt ein Tablett mit Brot, Obst und Milch. „Oh, Du bist aufgewacht“, sagt der Mann. „Du warst in einem ziemlich schlechten Zustand als Du hierher gebracht wurdest. Du kannst froh sein, dass Du am Leben bist, Sohn.“ „Wo genau bin ich hier“, fragt ihn Raki. „Die kleine Stadt hier heißt Igen. Du hattest Dich wohl in der nahgelegenen Wüste verirrt. Du hast über 24 Stunden geschlafen und wirst nun hungrig sein. Hier, iss etwas!“ „Aber ich habe kein Geld, um zu zahlen“, sagt Raki. „Mach Dir keine Sorgen darüber. Es ist bereits alles bezahlt.“ Raki ist überrascht: „Von wem?“ „Eine von diesen silberäugigen Hexen. Ein Claymore hat Dich hierher gebracht, was merkwürdig ist – die sind ja nicht gerade für ihre Freundlichkeit bekannt. Du verstehst, was ich meine.“ Raki ist nun richtig wach. Er springt aus dem Bett. „Kannst Du mir sagen, wohin sie gegangen ist?“ „Sie hat wohl einen Job zu erledigen. Sie ist eilig davon gegangen.“ Raki greift geschwind seine Sachen, bedankt sich und stürzt aus dem Zimmer, aus dem Haus und läuft auf die Strasse. Wo ist sie nur hin? In seinen Gedanken erscheint ihr Gesicht: „Es ist ein Name, der bald vergessen sein wird.“ Nein, nicht für Raki. Er will sie finden. „Hey, Junge!“ Ein Mann mit freundlicher Mine und Gepäck auf dem Rücken spricht ihn an. „Ein Claymore hat nach Dir gesucht.“ „Wo ist sie hingegangen?“, drängt Raki. „In den Wald auf der anderen Seite der Stadt.“ „Danke!“ Raki läuft zum Stadtausgang und erreicht schließlich den Wald.

Große Bäume umgeben den kleinen Pfad und werfen dunkle Schatten. Raki atmet tief und muss anhalten. Der Dauerlauf war zu anstrengend. Er lässt den Kopf hängen und muss sich abstützen. Als er wieder aufschaut steht vor ihm – der Claymore. „Bist Du allein?“, fragt sie. „Bin ich“, antwortet Raki. Sie ist es nicht, geht es ihm durch den Kopf. Die schlanke Gestalt trägt lange Haare, eine Rüstung, und kein Schwert. „Der Wirt erklärte mir, Du hast mein Leben gerettet“, sagt Raki. Sie kommt auf ihn zu. „Es gibt keinen Grund, mir zu danken“. Ihre Stimme wirkt einladend und sanft. „Aber ich bin nur ein Fremder. Warum solltest Du für mein Zimmer und Essen zahlen?“ Sie bleibt direkt vor ihm stehen. „Warum bist Du so misstrauisch angesichts meiner freundlichen Geste für Dein Wohlergehen? Wir Claymores sind eine gute Organization.“ In Raki’s Kopf gehen die Alarmglocken. „Ich habe Gefallen an Dir gefunden“. Ihre rechte Hand streicht sanft sein Gesicht. Raki schreckt auf und stösst sie mit aller Kraft von sich. „Nein! Du bist kein Claymore. Ich weiss, dass Claymores sich niemals selbst als Claymores bezeichnen.“ Ihr Gesichtsausdruck versteift sich. „Danke, das werde mir für’s nächste Mal merken“. Ihre Stimme wird tieft. Und auf einmal verformt sich ihr Körper. Raki ist schockiert und gebannt. Tiefe Falten durchfurchen ihr Gesicht. Ihre Augen glühen gelb und die Pupillen verengen sich. Die langen Haare werden zu Borsten, während sich im Mund lange Reisszähne ausbilden. Die Hände formen sich zu Klauen mit Nägeln wie Dolche. Wie ein Blitz greift sie Raki beim Kragen. „Was für ein aufmerksamer kleiner Balg du bist. Das macht’s einfacher“, raunt sie mit tiefer Stimme. Sie fährt ihre Krallen aus uns hält sie drohend über sein Gesicht. „Komm raus Claymore! Ich weiss, dass Du da bist.“ Sie schaut sich um. „Du hast mich verfolgt. Komm raus, dann können wir dieses Spiel beenden!“

Ein Yoma nimmt Raki als Geisel.

Am Ende des Waldwegs taucht eine grazile Gestalt auf. Sie trägt eine Rüstung und ein Schwert auf dem Rücken. Es ist der Claymore. Sie geht auf das Biest zu. „Stopp! Bleib, wo Du bist!“, schreit das Biest. Der Claymore bleibt stehen. „Ich weiss, wie schnell Du bist, Claymore. Ich zerreisse dem Jungen das Gesicht von Ohr zu Ohr.“ Stille. „Nun, wirft Dein Schwert weg. Keine schnellen Bewegungen!“, befiehlt das Biest. Der Claymore greift mit ihrer recht Hand langsam zum Schwert im Halter. Mit abgekühlter Stimme sagt sie, „Glaubst Du wirklich, dass eine Geisel mich davon abhält, Dich zu töten?“ „Nein, ich hätte es nie geglaubt“, entgegnet das Biest, „bis gestern, als ich gesehen habe, wie Du diesen Jungen getragen hast – als wäre es Dein eigener. Wie erbärmlich Du Dich einsetzt für dieses Fleisch!“ Hochmütig erklärt sie: „Auch wenn Du halb Yoma bist, heisst das nicht, dass damit Deine Vergangenheit als Mensch verlierst. Und Deine wertvollen Erinnerungen verschwinden nicht, wenn Du ein Claymore wirst. Stimmt’s Du Hexe!“ Sie bohrt weiter: „Ich wette Du hattest einen kleinen Bruder, der so aussah wie dieser Junge. Hab ich Recht?! Ich kann es Deinem widerlichen Gesicht ansehen“. Der Claymore verzieht keine Miene, immer noch mit der Hand am Schwert. „Und? Hast Du den Mut? Dann greif uns an und töte uns beide!“ Der Claymore schleudert sein Schwert rechtsseitig einen kleinen Hang hinab. Das Biest ist überrascht. „Bist Du nun zufrieden“, spricht der Claymore mit eisig ruhiger Stimme.

„Hahahahaha! Wir sollten das schnell beenden“, schreit das Biest siegessicher. „Es ist Zeit zu sterben!“ Mit diesen Worten stösst es Raki zur Seite und stürmt wie der Blitz auf den Claymore zu. Die Finger ihrer rechten Klaue legen sich aneinander wie eine Reihe Messer. Sie zielt auf den Bauch des Gegners und stösst zu! Blut spritzt. Die Hand des Biests durchdringt den Bauch ein Speer. Der Claymore spuckt Blut und fällt. „Nein!“ Raki ist entsetzt. „Hahaha, ich habe noch nie einen Claymore getötet. Das wird ein Fest. Und dann ist der Junge dran.“ In der Euphorie merkt das Biest nicht, wie sich die Augen des Claymore gelb färben. Sie greif den Arm des Biests und zerrt es mit einem starken Rück zum Hang. Beide stürzen das Gefälle hinab dem Schwert entgegen. Wie durch ein Wunder ist der Claymore geistesgegenwärtig. Sie ergreift das Schwert. Dann geht alles sehr schnell. Die Doppelklinge zieht ihre Bahn durch den Raum, zertrennt den Arm des Biests und enthauptet es schliesslich.

Sie geht an ihre Grenzen und riskiert die Verwandlung.

Der Claymore fasst sich an den Bauch. Der Arm des Biests steckt darin fest. Unter schweren Schmerzen zieht sie den Arm heraus. Sie hustet. Blut strömt aus ihrem Mund und aus der grossen Wunde. Sie geht in die Knie und drückt die Wunde mit ihrer linken Hand zu. Ihre Gesichtszüge verändern sich, werden hart. Ihre Augen leuchten goldgelb. Für einen Moment spitzen sich ihre Zähne. Die Bauchmuskulatur verformt sich wie zuvor bei dem Biest. Die linke Hand ergreift die Muskeln um die Wunde und zieht diese zusammen. Die Wunde schliesst sich. Dann ist es vorbei.

Raki kommt den Hang heruntergerutscht und läuft zum Claymore. Sie hockt noch am Boden. „Hey, bist Du in Ordnung? Brauchst Du Hilfe?“, fragt er besorgt. Keine Regung. Er setzt fort, „Es tut mir Leid. Es ist meine Schuld.“ Sie steht auf und wendet sich zu ihm: „Hör zu!“ Kraftvoll und gekonnt steckt sie ihr Schwert zurück in den Halter auf ihrem Rücken. „Ich habe mein Schwert nicht weggeworfen, um Dich zu retten. Hätte ich versucht, Dich zu retten und sie zu töten, dann wärst Du tot und sie wäre schnell verschwunden. Meine einzige Option war, sie in eine Situation zu bringen, wo sie nicht verschwindet und ein schneller Tod erreichbar schien.“ Raki starrt sie an, dann rollen Tränen aus seinen Augen: „Aber das ändert nichts daran, dass Du mein Leben gerettet hast. Zum zweiten Mal. Denn Du hast auch den Yoma getötet, der meine Familie ermordete. Als er sich über meine Eltern hermachte, hatte so grosse Angst. Ich habe versucht, mutig zu sein“, schluchzt Raki. Er wischt sich die Tränen ab. „Ich bin Dir so dankbar! Ich werde Dich nie vergessen, solange ich lebe. Ich möchte, dass Du das weisst.“

Er dreht sich ab und will gehen. „Haben sie Dich vom Dorf verbannt?“ Er dreht sich zu ihr um, berichtet mit zittriger Stimme: „Ja sicher. Ich habe ihnen gesagt, ich bin kein Yoma. Aber sie haben mir nicht geglaubt.“ Schemenhaft erscheinen Bilder in Kopf des Claymore. Sie erinnert sich. Als sie ein kleines Mädchen war, fiel ein Yoma über ihre Eltern her und tötete beide bestialisch. Danach nahm er sie als Geisel und quälte sie, bis Teresa – ein Claymore – sie von der Bestie befreite.

Erinnerungen werden wach.
Erinnerungen werden wach.

Der Claymore dreht sich zu Raki. „Sagtest Du nicht, Du seist ein guter Koch?“ Er wischt sich die Tränen ab. „Ja.“ „Gut! Wenn Du einverstanden bist, mein Koch zu sein, dann kannst Du mit mir kommen. Bleib bei mir, bis wir ein Dorf finden, wo Du bleiben kannst.“ Sein Gesicht hellt auf. Sie dreht sich um und geht los. Raki folgt ihr. „Wohin gehst Du?“, fragt er. „Ich kenne immer noch nicht Deinen Namen.“ Keine Antwort. „Lass uns unsere Namen mitteilen. Mein Name ist Raki.“ Er setzt nach: „Was ist Dein Name?“ „Clare.“ Er stockt – sie hat ihm tatsächlich ihren Namen genannt. Er lächelt glücklich. „Ich mag diesen Namen!“ Beide verlassen den Wald und ziehen gemeinsam ins nächste Abenteuer.

Raki zieht mit Clare ins nächste Abenteuer.

Blut geleckt?

Wenn Ihr bis hierhin gelesen habt, dann seid Ihr bereit für die Claymore-Serie in 26 Episoden. Die Charaktere von Clare, ihren Mitstreiterinnen und Raki sind wunderschön gezeichnet. Insbesondere die Beziehung zu Raki leitet eine Wende in Clares Dasein ein. Sie halten zusammen gegen scheinbar übermächtige finstere Wesen und eine geheimnisvolle Organisation, die die Claymores erschaffen hat und deren Motive und Experimente im Laufe der Geschichte immer zweifelhafter erscheinen. Seid gewarnt: es wird manchmal hart.

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