Geschichten und Erlebnisse zur Adventszeit 2019

Geschichten und Erlebnisse zur Adventszeit 2019

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Urnersee
Urnersee

Werden wir Schnee sehen?

An diesem Samstag vor dem ersten Advent macht der Regen eine Pause. Die bis dahin dichte Wolkenschicht öffnet sich, und die Sonne schaut hindurch. Es bietet sich die Gelegenheit für einen Ausflug. In den Tälern weht ein milder Wind, doch in den hohen Lagen ist Schnee gefallen. Vielleicht gibt es eine Möglichkeit, den Winter zu erleben. Schnell sind die wichtigsten Sachen gepackt, und ich mache mich auf den Weg in Richtung Zentralschweiz. Eine faszinierende Landschaft erwartet mich am Urnersee. Wiesen und Wälder in spätherbstlichen Farben bilden einen Kontrast zu den schneebedeckten Bergen. So wunderbar die Aussicht auch ist, ich fahre weiter in Richtung Altdorf. Ich muss deutlich an Höhe gewinnen, um die Schneeregion zu erreichen. Einige Kilometer südlich von Altdorf, bei Silenen, biege ich ab in die schmale Bristenstraße. Serpentinen führen hinauf zu dem kleinen Ort Bristen. Dort lasse ich mein Auto vor der Talstation stehen. Es geht weiter in der kleinen, roten Gondel bis auf 1400 Meter in das romantische Naturschutzgebiet Golzern.

Bergdorf im Schnee

Oben angekommen, empfängt mich eine traumhafte Winterwelt. Schnee, soweit das Auge reicht. Die Farbe des tieflauen Himmels setzt sich fort in der schneebedeckten Landschaft. Unter meinen Sohlen knirscht der gefrorene Schnee. Herrlich! Ich folge dem Wanderweg und gelange in ein Dorf, das sich scheinbar im Dornröschenschlaf befindet. Nur wenige Bauern sind geblieben und kümmern sich um ihre Schafe. Der Wanderpfad führt an verschlossenen Häusern vorbei in die Natur. Weit und breit keine Seele.

Winterzauber am Golzernsee
Winterzauber am Golzernsee

Hochgewachsene, schneebedeckte Tannen stehen reglos auf einem Kamm vor den schroffen Felsen der Bergwelt, überzogen mit pulverigem Schnee. Die Winterlandschaft reflektiert sich im Bergsee durch zarte Nebelschleier, die über der stillen Wasseroberfläche schweben. Die Natur zaubert. Ein romantisches Weihnachtsgedicht kommt mir in den Sinn.

Dämmerstille Nebelfelder,
Schneedurchglänzte Einsamkeit,
Und ein wunderbarer weicher
Weihnachtsfriede weit und breit. 

Nur mitunter, windverloren,
Zieht ein Rauschen durch die Welt,
Und ein leises Klockenklingen
Wandert übers stille Feld. 

Und Dich grüßen alle Wunder,
Die am lauten Tag geruht,
und dein Herz singt Kinderlieder,
Und dein Sinn wird froh und gut. 

Und dein Blick ist voller Leuchten,
Längst Entschaf’nes ist erwacht
Und so gehst du durch die Stille
Wunderweiche Winternacht.

WILHELM LOBSIEN

Diese faszinierende winterliche Landschaft und die Stille sind beeindruckend. Sie öffnen alle Sinne und bewirken eine tiefe Wahrnehmung. Erinnerungen vergangener Tage gehen mir durch den Kopf. Neben einem Holzschober am Wegesrand lädt eine Bank zum Verweilen ein. Ich setze mich für einen Moment und lasse meine Gedanken schweifen.

Verweilen am Wegesrand

Wie der Samichlaus den Schmutzli traf

Der Samichlaus packte seinen Schlitten mit einem großen Geschenksack und zog gegen die Stadt, um die Kinder zu beschenken. Doch er bemerkte nicht das Loch in seinem Sack, aus dem immer wieder Geschenke purzelten.

 

Am Waldesrand lebte ein Holzfäller. Die Kinder lachten ihn immer aus und spielten ihm viele Streiche. Es hieß, er sei ein böser Mann.

 

Es war kalt und es schneite. Der Holzfäller sah den Samichlaus an seiner Hütte vorbeiziehen. Ob er einen warmen Tee trinken wolle, fragte der Holzfäller den Samichlaus. Eine gute Idee, dachte sich der Samichlaus angesichts der Kälte, blieb für eine Weile und erfreute am wärmenden Getränk.

Schließlich bedankte sich der Samichlaus und zog mit seinem Schlitten weiter. Da bemerkte der Holzfäller, dass sein Gast Geschenke verlor. Er folgte dem Samichlaus und sammelt dabei die Geschenke wieder ein.

 

Als der Samichlaus in der Stadt ankam, bemerkte er mit Schrecken, dass er nahezu alle Geschenke verloren hatte. Die Kinder würden sehr traurig sein, wenn er ihnen keine Geschenke brächte. In seiner Verzweiflung musste er sich erstmal auf seinen Schlitten setzen.

 

Da kam der Holzfäller und übergab dem verdutzten Samichlaus die verlorengegangenen Geschenke. Der Samichlaus bedankte sich herzlich und lud den Holzfäller ein, mit ihm gemeinsam die Geschenke an die Kinder zu verteilen. Der Samichlaus erklärte den Kindern, wie freundlich der Holzfäller zu ihm gewesen sei. Seither begleitet der freundliche Holzfäller, den wir in der Schweiz liebevoll „Schmutzli“ nennen, den Samichlaus. 

Winterliche Abendstimmung im Maderanertal

Die Sonne verabschiedet sich hinter dem Bristen, einem der mächtigen Dreitausender in den Glarner Alpen. Das Abendlicht verfärbt sich zusehends in ein fahles Gelb, das den kühlen Winterfarben einen Hauch Wärme verleiht. Ich erklimme einen Aussichtspunkt mit freier Sicht über den Golzernsee und das Maderanertal. Ein Traum!

Winterliche Abendstimmung im Maderanertal
Winterliche Abendstimmung im Maderanertal

Kaum jemand hat den Winterzauber in der Alpenwelt so poetisch beschrieben wie der Dichter Robert Walser. Doch für ihn hätte in dieser schönen Einsamkeit noch eines gefehlt – der Schnee. „Es schneite, und durch das liebe dichte Schneien klangen die Abendglocken. Die Stadt war wie ein Märchen. So süß und so weich flog es herab, das wirbelnde Gewimmel. Eine Schneeflocke flog mir auf den Mund, als fliege mir ein Kuss zu. Hut und Mantel waren bald schneeweiß…“

Hinter hohen Tannen geht der Mond auf. Die Nacht bricht früh an in den Bergen. Mich fröstelt es. Ein Blick auf meine Uhr – die letzte Gondel geht in 15 Minuten. Ich mache mich auf den Weg.

Mond geht auf im Maderanertal
Mond geht auf im Maderanertal

Uralte Geschichten

Mit der Dunkelheit werden in der Zentralschweiz alte Geschichten lebendig. In den Erzählungen geht es oft um spukende Geister von Verstorbenen, die in alten Bauernhäuern oder Almhütten an Wände oder Decken klopfen, Gegenstände verschieben und für Unordnung sorgen. Es nahen die Wintersonn­wende und damit die Rauhnächte. Das alte Jahr ist noch nicht vergangen und das neue noch nicht spürbar. Diese zauberhafte Übergangszeit ist inspirierend, heimelig, aber auch etwas unheimlich.

Am Vorabend des 1. Advent zieht es mich nach Altdorf, der Hauptort im Kanton Uri und gemäß Friedrich Schiller der Schauplatz des Apfelschusses des berühmten Freiheitskämpfers Wilhelm Tell. Altdorf ist seit dem Mittelalter alemannisch. Entsprechend des alten Brauchtums steht heute ein anderer im Mittel des Interesses: der Samichlaus, wie man ihn hier den Sankt Nikolaus nennt. Der Samichlaus kommt nicht allein, sondern mit Gefolge. Mit dabei sind die „Trychler“, kräftige Burschen mit großen Kuhglocken als festlich geschmückten Trägern, die Laternenträger und die unheimlichen Kumpel des Samichlaus – in dunkle Kutten gehüllte Schmutzlis.

Die Trychler schwingen die Glocken im Gleichklang – ihr uriger Sound schallt durch die Gassen und dringt tief in den Körper. Bei den Schmutzlis, mit schwarzem Gesicht und langen Bärten, ist es schwer einzuschätzen, wie sie sich verhalten. Einige sind freundlich und schenken Kindern etwas Süßes. Doch darauf sollte man sich nicht verlassen. Sie könnten auch die Rute ziehen.

Und schließlich kommt der Star des Abends in einer Pferdekutsche, gezogen von einem stolzen weißen Ross. Der Samichlaus ist festlich gekleidet in einem blauen Gewand mit Mitra. Er lächelt und grüßt die begeisterten Menschen am Straßenrand. Der blaue Samichlaus in Altdorf geht auf den Urner Kunstmaler Heinrich Danioth zurück. Er entwarf das Gewand im Jahr 1929 und wählte eine Farbe, die keine liturgische Bedeutung hatte, um damals jeglichen Konflikt mit dem Bischof zu vermeiden.

Der Einzug des Samichlaus endet am Lehnplatz unmittelbar vor dem Zeughaus, in dessen Fenstern weihnachtliche Motive leuchten. Daneben ein festlich geschmückter Weihnachtsbaum. Die begeisterte Menge von Klein und Groß empfängt den Samichlaus mit seinem Gefolge. Der Samichlaus steigt aus seiner Kutsche und hält vor der Menge eine Rede. Er bedankt sich bei den Kindern, während seine Schmutzlis Lebkuchen verteilen. Gefühle von Weihnachten kommen auf.

Zoo im Winter

Wie geht es den Tieren im Zürcher Zoo im Winter? Bestens – die Tiere lieben Wetter und hätten in vielen Fällen auch keine Probleme mit Schnee, wenn denn da welcher wäre. Ich sage Hallo bei den Königspinguinen und staune. Ein pummeliger Jungpinguin hält seine Füße genüsslich in die Luft, den wärmenden Strahlen einer Lampe entgegen. Ich wusste gar nicht, dass auch Pinguine unter „kalte Füße“ leiden.

Als die Tiere mich sehen, kommt ein kleines Empfangskomitee auf mich zu. Sie sind neugierig, so wie ich. Königspinguine sind erstaunlich. Die kleinen, geselligen Kerle im Frack wirken so menschlich. Sie haben sich einen der schwierigsten Lebensräume auf unserem Planeten ausgesucht: die Meeresküsten der subantarktischen Inseln. So können sie negativen Einflüssen und Gefahren entgehen, sollte man annehmen. Doch die Auswirkungen der von uns Menschen gemachten Umweltverschmutzung reichen längst bis in die Antarktis.

Der Zürcher Zoo zeigt anschaulich, was da so alles an den Küsten der Antarktis landet: jede Menge Plastikmüll – nicht nur Flaschen oder Reifen, sondern auch gefährliche Mikroplastiken. Und wir erfahren: „80% der tot aufgefundenen Seevögel haben Plastik im Magen“. Kunststoffe schaden nicht nur den Tieren. Sie kommen zu uns zurück, in Fischen, Garnelen oder Meeresfrüchten, die wir verspeisen. Ich beobachte Eltern, die ihren Kindern die Situation anhand des Schauobjektes erklären. Kinder lieben Tiere und sind interessiert. Wir brauchen eine globale Strategie zur Müllvermeidung. Jute statt Plastik hieß es schon vor 40 Jahren. Warum haben wir da nicht weitergemacht, frage ich mich. Wir haben viel nachzuholen, und jeder sollte mitmachen.

Plastik und Müll im Naturparadies Antarktis

Naturparadies Masoala

Masoala klingt exotisch, nach einem weit entfernten Land. Masoala heißt der Naturpark im Nordosten von Madagaskar, dessen tropischer Regenwald eine außergewöhnlich hohe Biodiversität aufweist. Wer dieses Naturparadies erleben möchte, muss nicht nach Madagaskar fliegen. Besser ist ein Besuch in der Masoalahalle im Züricher Zoo. Gerade in der Winterzeit ist es ein wundervolles Erlebnis, den Gegensatz zwischen der nasskalten Welt draußen und dem tropischen Wald zu erleben. Beim Betreten der Halle durchdringe ich eine Wand feuchtwarmer Luft. Nach wenigen Minuten habe ich mich an die veränderten Luftverhältnisse gewöhnt. Ein Treppenpfad führt hinauf in hohe Bäume zu einer Aussichtsplatt­form. Von dort blicke in den Regenwald – ein kleines Paradies.

Mit etwas Glück und Geduld finde ich vielleicht das wohl außergewöhnlichste Tier in der Masoalahalle: das Chamäleon. Die Spezies gibt es bereits seit Millionen Jahren und hat erstaunliche Eigenschaften. Das Chamäleon kann seine Augen um 180 Grad asynchron bewegen. Doch das beeindruckendste sind die Farben, mit denen sich das Männchen präsentiert.

Wissenschaftler haben herausgefunden, dass die Farben nicht primär der Tarnung dienen, sondern vielmehr der Kommunikation mit Artgenossen. Die Farben deuten auf die Stimmung der Tiere hin. Das Männchen leuchte feuerrot, weil er aufgeregt ist, denn in der Nähe befindet sich ein Weibchen.

Es gibt in der Masoalahalle einige versteckte Ecken mit Sitzbänken. Ich nehme Platz, lausche den Klängen des Regenwalds und schau mich um. Angesichts der Schönheit der reichen Pflanzenwelt stelle mir vor, im fernen Madagaskar zu sein. Erst nach einer Weile wird mir bewusst – ich bin nicht allein. Neugierige Augen beobachten mich offenbar schon eine Weile. In einiger Entfernung geschützt hinter Farnen sitzt ein roter Vari und inspiziert mich. Was mag er wohl denken?

Der rote Vari ist ein Lemur und gehört zu den Primaten. Lemuren leben wild nur auf Madagaskar. Lemuren sind bedroht, weil immer mehr ihres Lebensraums verloren geht. Die Menschen in Madagaskar sind arm und suchen wirtschaftliche Verbesserung, die mit Brandrodung einhergeht. Der Züricher Zoo unterstützt das Naturschutzprojekt Masoala und setzt dabei auch auf die Bedeutung von Kakao. Damit könnten Bauern wirtschaften, ohne dass der Regenwald abgeholzt werden muss. Solche Projekte machen Hoffnung, denn die Erhaltung und nachhaltige Nutzung des Regenwalds ist angesichts des sich ändernden Klimas von globaler Bedeutung. Ein Zoobesuch im Winter ist inspirierend und bringt jeden Besucher auf gute Gedanken.

Auf dem Holzweg

Wer auf dem Holzweg ist, sollte besser umkehren, denn er bewegt sich der Redewendung nach in eine Sackgasse. Auf meinem Winterausflug zum 2. Advent möchte ich mich bewusst auf den Holzweg begeben und darüber nachdenken, wo ich mich in Sachgassen befinde und was ich im kommenden Jahr anders machen sollte. Dazu fahre ich in den Naturpark Thal bei Solothurn. In einem Waldstück erreiche ich mein Ziel. Für Fahrzeuge steht ein Parkplatz bereit. Ein großes Schild begrüßt die Besucher „Willkommen auf dem Holzweg Thal – Auf diesem Erlebnisweg erfahren Sie den Wald und das Naturprodukt Holz auf künstlerische und spielerische Art mit Kopf, Herz und Hand.“ Interessante Dinge erfahren mit Kopf, Herz und Hand – es könnte nicht besser sein. Ich ziehe feste Wanderschuhe an und mache mich auf den Holzweg. Eine Brücke führt mich über den Augstbach, dessen klares Wasser über bemooste Felsen nach Balsthal fließt. Romantische Natur.

Ein anderer Brückenschlag ist die Beziehung von Wandern und Denken. Wer eine Weile durch schöne Natur wandert, beginnt unweigerlich zu denken und kreativ zu werden. Wandern schafft Raum für den Körper und den Geist – Raum für neue Gedanken und Horizonte. Der Weg führt durch einen gemischten Wald. Ich erkenne Buchen, Kiefern und Tannen. Die Vögel im Geäst sind emsig. Es zwitschert aus allen Richtungen.

Unter meinen Füssen klingen Holzbohlen. Ich bin unterwegs auf dem Holzweg in Naturpark Thal. Der Naturpark dient dem Erhalt einer intakten Naturlandschaft und auch der Förderung der regionalen Wirtschaft. Hier gehen Wirtschaft und Umwelt Hand in Hand.

Der Wald ist ein Ökosystem, eine komplexe Lebensgemeinschaft von Tieren, Pflanzen und Mikroorganismen, die sich selbst erhält, wenn sie gut funktioniert. Wälder sind für Natur und Mensch wichtig. Sie bieten den Lebensraum für viele Tiere, erzeugen Nutzstoffe, sind Wasserspeicher, sie schützen gegen Erosion und bieten uns Menschen Erholung. Doch wenn in das Ökosystem Wald zu stark eingegriffen wird, durch Kahlschlag, Wassermangel oder klimatische Änderungen, kann das ökologische Gleichgewicht kippen.

Insektenhotel

An einer Lichtung fällt mir eine gewaltige hölzerne Sphäre ins Auge. Ihre Oberfläche schimmert silbrig im Sonnenlicht. Die Kugel erinnert mich an einen Planeten oder ein Raumschiff. Was hat es mit dieser geheimnisvollen Kugel auf sich? Beim näheren Hinsehen erkenne ich, dass sie aus tausenden Holzplatten zusammengesetzt ist. Zwischen den Platten wurden Spalte gelassen – Löcher für kleine Bewohner. Die Kugel ist ein gewaltiges Insektenhotel.

Insekten tragen entscheidend zum Funktionieren des Ökosystems Wald bei. Sie bestäuben Pflanzen, verbreiten Samen oder beseitigen abgestorbenes Material. Nisthilfen für Insekten sind immer eine gute Sache, auch im Garten daheim. Doch in einem Punkt sind Insekten nicht anders als Menschen: wenn ihnen ein Hotel nicht gefällt, kommen sie nicht.

Ein Naturgartenfreund weist mich darauf hin, dass Wildbienen oder Wespen nur Hohlräume besiedeln. Als Nistmaterial eignen sich splitter- und kantenfrei geschnittene Naturstrohhalme, Schilf oder Bambus, oder Hartholzklötze mit Bohrungen. Insektenhotels aus dem Baumarkt bieten diese Eigenschaften oftmals nicht und sind dann untauglich. Das erklärt auch, warum die zwei Insektenhotels in meinem Garten kaum besiedelt sind. Als ich sie einem Baumarkt kaufte, glaubte ich noch an glückliche Insektenbewohner – da war ich wohl auf dem Holzweg. Im kommenden Jahr werde ich selbstgebaute Nisthilfen aufstellen, vielleicht ein alten Eichenbalken mit lustig angeordneten, tiefen Bohrungen und einem Hut auf dem Stammende.

Wo ist der Winter?

Der Wanderweg führt mich über eine Wiese. Bei Sonnenschein und Temperaturen um 10 Grad fällt es mir schwer zu glauben, dass heute der 2. Advent ist. Wo ist der Winter? Der Schweizer Wetterdienst hatte einen milden Winter prognostiziert. Die Kälte aus Osteuropa bleibt fern. Und selbst dort haben sie Änderungen eingestellt. Freunde aus der Uralregion in Russland berichten mir, dass die Temperaturen in wenigen Tagen zwischen minus 2 und minus 20 Grad schwanken.

2019 gilt erneut als außergewöhnlich warmes Jahr. Medien berichten, US-Wissenschaftler hätten die höchste CO2-Konzentration in der Erdatmosphäre seit Beginn der Aufzeichnungen registriert. Wenn sich das Klima verändert, werden unsere wertvollen Ökosysteme gestört. Die Redewendung „Auf dem Holzweg zu sein“ beschreibt ein nicht zielführendes Vorgehen und impliziert die Aufforderung, den Irrweg zu verlassen. Wie kommen wir von unserem Irrweg runter? Der Wald als natürlicher CO2-Speicher ist unser Freund im Kampf gegen die Klimakrise. Doch dafür müssen wir ihn schützen und aufforsten.

Kulisse wie in einem Fantasy-Film

Der Wanderweg führt entlang eines Tannenwaldes und mündet auf einem Bergrücken in die historischen Mauern der Burgruine Neu-Falkenstein. Die Burg wurde angeblich im 12. Jahrhundert erbaut und diente einer lokalen Adelsfamilie als Wohnsitz. Gegen Ende des 18. Jahrhunderts, während der Helvetischen Revolution, wurde die Burg in Brand gesetzt und zerfiel im Laufe der Zeit. Beim Gang durch die alten Mauern kommen mir Szenen aus dem Fantasy-Film „Der Herr der Ringe“ in den Sinn, in denen tapfere Krieger gegen finstere Unholde kämpfen. Neu-Falkenstein ist ein starker Ort mit viel Ausstrahlung.

Auf einem Felsen thront Burg Neu-Falkenstein
Auf einem Felsen thront Burg Neu-Falkenstein

Der runde Bergfried ist geöffnet. Eine Metalltreppe führt hinauf. Oben angekommen, genieße ich die großartige Aussicht in den Naturpark Balsthal. Ich habe viel über den Lebensraum Wald gelernt. Wie schön und interessant sind unsere Naherholungsgebiete, geht mir durch den Kopf. Wir sollten sie mehr nutzen und weniger in die Ferne ziehen. Damit verlasse ich den Holzweg.

Adventsstimmung im mittelalterlichen Lenzburg

Wenn die Dunkelheit über das historische Lenzburg einbricht, wird es stimmungsvoll. Der große Christbaum neben dem alten Rathaus leuchtet festlich. Ich schlendere durch die weihnachtlich geschmückten Gassen und sehe in Schaufenster und die Stuben der Gasthäuser. Einige Passanten kommen mir in Mantel und Schal eingepackt entgegen. Es ist kühl geworden. Ein Hauch von Winter. An einer Straßenecke steht eine Gruppe junger Leute in Party-Stimmung mit Drinks in der Hand, lachend und sommerlich gekleidet. Also, doch kein Winter? Ich muss schmunzeln.

Hoch über der Altstadt wacht das Schloss Lenzburg. Seit dem 11. Jahrhundert lebten hier Grafen, Herzöge und Landvögte, und angeblich ein deutscher Dichter, eine englische Adelige und ein amerikanischer Abenteurer. Die alten Mauern hätten so einiges zu erzählen.

Ein mit Kopfstein gepflasterter Weg führt hinauf zum Schloss. Ich nehme den Weg. Das Schloss zählt zu den schönsten Höhenburgen der Schweiz. Seinen Namen verdankt es dem Grafen von Lenzburg, der hier im 11. Jahrhundert seinen Stammsitz errichten ließ.

Ich bin allein auf meinem Gang rund um das Schloss. Jetzt wird es erst richtig interessant. Hinter den Mauern der Burg tritt gespenstisch der Mond hervor. Angeblich soll es im Schloss spuken. Heute ist eine gute Nacht für Gespenster.

Es war einmal…

Was wäre Weihnachten, ohne seine Märchen? Märchen ziehen alle Weihnachtsliebhaber in ihren Bann. Sie beflügeln die Phantasie und tragen dazu bei, in unserem allzu rationalen Alltag die Bedeutung von Weihnachten und wahrer Liebe interessant zu vermitteln. Zu meinen weihnachtlichen Lieblingsmärchen gehören „Drei Haselnüsse für Aschenbrödel“, „Die Sterntaler oder „Das kleine Mädchen mit den Schwefelhölzern“.

Aber auch die Knusperhexe darf zu Weihnachten nicht fehlen. Bei meinem Onkel Dieter ist es Tradition, dass er vor Weihnachten ein Hexenhäusle aus Lebkuchen kauft. „Knusper, knusper knäusle, wer knuspert an meinem Häusle?“ – so lief das doch bei der alten Hexe, die mit ihrem Lebkuchenhaus leichtfertige Kinder anlockte. Das kleine Knusperhäusle meines Onkels steht solange unter dem Christbaum, bis die Weihnachtszeit vorüber ist. Dann kommt es nochmal zu einem Highlight, wenn das Knusperhäusle abgerissen und aufgegessen wird. Doch ich glaube, wichtiger sind für meinen Onkel die damit verbundene Erinnerungen, die bis in seine Kindheit reichen.

Freundliche Knusperhexe

Die Sterntaler

Es war einmal ein kleines Mädchen, deren Vater und Mutter gestorben waren. Die Eltern hatten ihr nichts hinterlassen. Und es war so arm, dass es kein Kämmerchen mehr hatte, um darin zu wohnen, und kein Bettchen mehr, um darin zu schlafen. Irgendwann hatte es gar nichts mehr, außer den Kleidern auf dem Leib und ein Stück Brot in der Hand, welches ihm ein gutes Herz geschenkt hatte.

Das Mädchen war gut und fromm. Und weil es so von aller Welt verlassen war, ging es im Vertrauen auf den lieben Gott hinaus ins Ungewisse. Da begegnete ihm ein armer, alter Mann, der sprach: “Ach bitte, ich bin so hungrig. Gib mir etwas zu essen!” Da reichte es ihm das ganze Stück Brot und sagte: “Gott segne es dir!”, und ging weiter. Da kam ein Kind, das jammerte und sprach: “Es friert mich so an meinem Kopfe! Bitte schenk mir etwas, womit ich ihn bedecken kann.” Da nahm es sein Mützchen ab und gab es ihm.

Und als es noch ein Stück gegangen war, kam wieder ein Kind, das hatte kein Leibchen an und fror. Da gab es ihm seins. Und noch ein Stück weiter, da bat eins um sein Röcklein, und das gab es auch noch hin. Endlich gelangte es in einen Wald, und es war schon dunkel geworden. Da kam noch ein Kind und bat um ein Hemdchen. Das fromme Mädchen dachte: “Die Nacht ist dunkel, da sieht mich niemand. Du kannst wohl auch dein Hemd weggeben”, und zog das Hemd ab und gab es auch noch hin.

Und wie es so stand und gar nichts mehr hatte, fielen auf einmal die Sterne vom Himmel und waren lauter glänzende Goldtaler. Und auch wenn es sein Hemdlein weggegeben hatte, so hatte es ein neues an, und das war von allerfeinstem Leinen. Da sammelte es die Taler hinein und war reich für sein Lebtag; und da es ein gutes Herz hatte, tat es viel Gutes für die Armen, so dass seine Seele es noch reicher machte als alle Sterntaler zusammen.

Die Rettung des kleinen Twingo

Rettung des Twingo

Das Leben schreibt eigene Geschichten, und oft gehören sie zu den schönsten. Kurz vor dem Weihnachtsfest sind meine Mutter Anni und ich frustriert. Ein Bekannter brachte den alten Renault Twingo meiner Mutter zurück. Er hat ihn in der Dunkelheit einfach vor die Haustür abgestellt und den Schlüssel übergeben. Über ein Jahr zuvor hatte Anni ihr kleines Auto seiner Familie anvertraut, um ihnen zu helfen. Nun befand sich die Familie im Streit und, sinnbildlich für diese Situation, das Auto in einem schrecklichen Zustand: von A bis Z verdreckt und Scheinwerfer, Heckklappe sowie Vorderachse beschädigt. Bei einem alten Fahrzeug lohnt sich eine Reparatur womöglich nicht mehr. Sollten wir den Twingo einfach beim Schrotthändler abliefern? Normalerweise hätte das Fahrzeug gut weiterfahren können. Doch was nun? Da klingelt das Telefon. Ingo meldet sich. Er ist Fahrzeugprüfer beim TÜV, und er hat noch einen Prüftermin frei. Ich steige in den Twingo und fahre sofort zu ihm. „Der Fahrer muss schon besonders gestrickt sein, dass er mit dem Auto in dem Zustand weitergefahren ist“, meint Ingo und runzelt dabei die Stirn. Doch dann setzt er fort, „Ersatzteile und der Einbau sollten günstig sein, und dann kommt der Wagen doch noch durch den TÜV“. Ich bin höchst erfreut. Als ich die gute Nachricht meiner Mutter berichte, kommt ihr eine Idee. Eine liebe Freundin fährt schon seit geraumer Zeit ein Auto, das tatsächlich am Ende ist und nur noch Kosten bereitet. Da wäre es doch großartig, wenn sie den kleinen Twingo übernähme. Wir rufen sie sofort an und berichten von unserem Plan. Als besondere Freundin bekommt sie den kleinen Twingo fertig repariert und mit TÜV-Plakette. Für einen Moment ist es still am Telefon. Dann sagt sie: „Ich kann es kaum glauben – jetzt ist wirklich Weihnachten!“ Und so fährt der kleine Twingo weiter, denn nun hat er eine Besitzerin, die ihn gut behandelt.

Eine Insel mit zwei Bergen und dem tiefen weiten Meer
Mit viel Tunnels und Geleisen und dem Eisenbahnverkehr
Nun, wie mag die Insel heißen, ringsherum ist schöner Strand
Jeder sollte einmal reisen in das schöne Lummerland

Das Lummerland-Lied, Augsburger Puppenkiste

Augsburger Puppenkiste

„Wiedersehen Lummerland, wir kommen wieder… aber jetzt fahren wir erstmal los“, sagen Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer, und gehen auf Weltreise mit ihrer kleinen Dampflokomotive Emma. Da werden Erinnerungen wach. Die Geschichten der Augsburger Puppenkiste waren in meiner Kindheit ein Renner. Darauf hatten sich immer alle gefreut. Die Stars waren bekannte Figuren an langen Fäden – liebevoll handgefertigte Marionetten. Die Geschichten wurden wie beim Film durch professionelle Sprecher und Marionettenspieler umgesetzt. Nach sieben Jahrzehnten begeistert die Augsburger Puppenkiste nach wie vor Jung und Alt.

Als ich an dem Wochenende zum 3. Advent mit Gabriele durch die Altstadt von Augsburg bummle, bleiben wir vor einem der weihnachtlichen Schaufenster stehen. Es zeigt eine Märchenszene mit Marionetten, wie ich sie von der Augsburger Puppenkiste kenne. In einer kleinen Stube spricht ein schrulliger älterer Herr gestikulierend mit seinem Kater. Der Kater ist mit braunem Pullover, roter Mütze und grün-weiß gestreiften Schürze bekleidet, und begutachtet Weihnachtsschmuck. Auf dem Boden der Stube liegen jede Menge weitere Gegenstände verteilt.

In dem Märchen um den alten Pettersson und seinen Kater Findus geht natürlich um Weihnachten. Während sich Findus über Weihnachten und den Schnee freut, sieht der knurrige Pettersson vielmehr den Stress am Heiligabend auf sich zukommen: Schnee schüppen, Tannenbaum schlagen, Plätzchen backen, Weihnachtsessen einkaufen, und was man sonst noch alles machen muss. Bei einer turbulenten Schlittenfahrt verstaucht sich Pettersson auch noch seinen Fuß. Wie sollen sie denn nun noch zu einem Weihnachtsbaum kommen? In ihrer Not werden die beiden erfinderisch. Es gibt im Haus so viele Gegenstände – da könnte man doch einen Weihnachtsbaum basteln. Sie nehmen eine Holzlatte als Stamm und bestücken diese mit Tannenzweigen und allerlei schmückenden Dingen. Schließlich verbringen Pettersson und Findus einen gemütlichen Heiligabend.

Pettersson und Findus suchen Weihnachtsschmuck
Pettersson und Findus suchen Weihnachtsschmuck

Christkindlesmarkt in Augsburg

Prächtig leuchtet die Weihnachtspyramide mit ihren großen Flügeln, daneben der Christbaum mit seinen unzähligen Lichtern. Ein süßer Duft von Weihnachtsleckereien zieht durch die Luft. Der romantische Weihnachtsmarkt vor der historischen Kulisse des Augsburger Rathauses und des Perlachturms ist wie aus dem Märchenbuch. Der Christkindlesmarkt ist einer der ältesten Weihnachtsmärkte in Deutschland und fußt auf einer 500-jährigen Tradition. Da macht es Freude, durch die Gässchen zwischen geschmückten Hütten zu ziehen und sich in der Weihnachtsatmosphäre des Marktes wohlig einzukuscheln.

Am Häuschen mit frisch gebrannten Mandeln und Lebkuchen kommt niemand vorbei. Das Angebot ist einfach zu verlockend. Wir nehmen etwas Lebkuchen. Er duftet nach Zimt, Nelke und Kardamom – mmh, lecker! Lebkuchen, auch als Pfefferkuchen bekannt, ist ein stark gewürztes Süßgebäck. Es gab ihn angeblich schon im Mittelalter. Doch woher der Name kommt, ist heute ein Rätsel. Er könnte sich von „Leib“ ableiten. Demnach wäre Lebkuchen übersetzt ein „Brotkuchen“.

Wer wie der alte Pettersson und sein Kater Findus sein Haus nicht verlassen und auf einen Weihnachtsmarkt gehen kann, backt einen Lebkuchen am besten selber. Es ist gar nicht so schwer. Du brauchst dafür folgende Zutaten: 500g Dinkelmehl, 200g Rohrzucker, 2EL Kakaopulver, 2EL Lebkuchengewürz (hier kann man variieren), 1 Backpulver, 5dl Milch, 2EL Rapsöl, 2EL flüssiger Honig, ein wenig Milch zum Bestreichen. Zunächst vermischst Du die trockenen Zutaten miteinander und rührst anschließend Milch, Öl und Honig unter. Dann wird die Masse mit einem Mixer zu einem homogenen Teig vermengt. Dann verteilst Du den Teig auf ein mit Backpapier belegtes Blech, etwa 5 cm hoch, und backst ihn bei 180 Grad etwa 35 Minuten lang. Abschließend bestreichst Du den Kuchen mit ein wenig Milch, lässt ihn abkühlen und schneidest ihn in Quadrate. Nun ist er fertig zum Genießen!

Am Eingang des Christkindlesmarktes, gegenüber dem Rathaus, befindet sich der Augustusbrunnen, ein Prachtbrunnen, der an den Gründer der Stadt erinnert. Es war der römische Kaiser Augustus, bekannt aus der Weihnachtsgeschichte, der im Jahr 15 v. Chr. auf dem Gebiet des Augsburger Stadtteils Oberhausen ein Legionslager errichten ließ. Um das Lager herum entstand im Lauf der Zeit eine Siedlung, die den Namen Augusta Vindelicum bekam und im Jahr 121 n. Chr. römisches Stadtrecht erlangte.

Kurz vor 18 Uhr drängen sich vor dem Rathaus zahlreiche Menschen. Sie schauen hinauf zum Goldenen Saal des Renaissancebaus. Sie warten auf ein besonderes Schauspiel. Als weihnachtliche Musik von Händel einsetzt und die Fenster über dem Goldenen Saal die Fenster beleuchtet werden, erscheinen darin die Gesichter von kleinen Engelchen. Auf der Ebene des Goldenen Saals schreiten langsam und anmutig Engel in bodenlangen Seidengewändern aus dem Dunkeln des Saals auf den erleuchteten Balkon. Die Zuschauer sind fasziniert und machen Fotos von den Himmelsboten, die nun mit Harfen, Orgel und Trompeten musizieren.

Das Engelsspiel ist ein magischer Moment voller Harmonie und Frieden. Es heißt, Engel verbinden Himmel und Erde – sie seien Botschafter zwischen Gott und den Menschen und öffneten unsere Herzen. Als das Engelsspiel zu Ende geht, sind die Menschen gerührt und applaudieren. Sie fühlen sich als Teil eines bewegenden weihnachtlichen Schauspiels. Und der eine oder die andere wird sich an die Verkündigung erinnern, die nach Lukas weit entfernt geschah, etwa zeitgleich als die Stadt Augsburg entstand: Ein Engel tritt ihr gegenüber, einer jungen Frau aus Nazareth, verlobt mit dem Zimmermann Josef, und verkündet ihr: “Fürchte dich nicht, Maria; denn du hast bei Gott Gnade gefunden. Du wirst ein Kind empfangen, einen Sohn wirst du gebären: dem sollst du den Namen Jesus geben.”

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